"Wie finde ich den richtigen Partner?" „Wann kommt der richtige Job?" „Bekomme ich eine Gehaltserhöhung?" „Werde ich schwanger?"
Wenn wir Fragen haben, auch Fragen, wie unsere Zukunft verlaufen wird, setzen wir normalerweise unseren Verstand ein. Sammeln Fakten, peilen die Lage. Dazu gesellen sich Gefühle, die Auskunft darüber geben, wie sich das Szenario, in dem wir uns gedanklich bewegen, anfühlt. Unser Denken ist nur zu einem sehr geringen Teil an dem beteiligt, was die persönliche Wahrnehmung ausmacht. Der weitaus größte Teil unserer Verarbeitungsprozesse, Erinnerungen, Prägungen, und persönlichen Konditionierungen findet fernab des Bewusstseins statt. Das Unbewusste arbeitet unbemerkt ununterbrochen im Hintergrund, jeder von uns erschafft sich seine eigene Wirklichkeit, seine eigene Welt, belegt objektive Tatbestände mit subjektiven Bedeutungen und handelt nach verdeckten Glaubenssätzen, deren Herkunft meist lange Zeit im Dunkeln liegt.
Diese verborgene Seite der Persönlichkeit steht oft im Gegensatz zu dem, was bewusst erkannt und wahrgenommen wird. Sie ist es, die immer wieder für Kurskorrekturen sorgt, die sich in der Realität als Problem, als Spannungsfeld, als Hürde darstellt. Sie ist es, die bei vielen Menschen in eine Frage an ein Orakel (oraculum, von orare: beten) mündet. Das ist seit Menschengedenken so, die Zukunft wurde in Schildkrötenpanzern ebenso gelesen, wie in Runen, im Kaffeesatz, wie in Erdkrume, in der Hand, wie in der Leber frisch geschlachteter Schafe. Orakelmethoden sind Techniken, um das Innerste nach Außen zu kehren und sich in der Welt und auf dem eigenen Weg zu verstehen.
Der Rat eines Orakels kann das Unbewusste des Fragestellers offenbaren und wer selbst keine Erfahrung im Deuten der Symbole hat, übergibt einem Berater die Aufgabe des Dolmetschers. Er übersetzt und interpretiert das Gesehene. Beim Befragen dieses Orakels bilden die Frage und die im gleichen Zeitfenster gegebene Antwort eine untrennbare Einheit. Es ist kein „Zufall", welche Karten fallen, sondern ein synchrones Geschehen, das zusammenhängt, obwohl es sich nicht gegenseitig bedingt. Bei der Deutung geht es also nicht um das kryptische Vermögen von Eingeweihten oder Magiern, aus dem puren Nichts detailgetreu fremde Leben sehen zu können, sondern um eine besondere Art der Übersetzungsarbeit. Nicht die magischen Karten des Deuters „sagen" etwas, sondern die Frage und der Moment des Kartenlegens bringen das einzigartige und nur auf den Fragesteller passende Bild in die Realität.